Das Jahr ist erst wenige Tage alt und und genauso wie nach den Vorfällen in der Sylvesternacht 2015/2016 in Köln führt Deutschland eine neue Asyldebatte. Nach den Prügelattacken von jungen Ausländern auf Passanten im oberpfälzischen Amberg wird nahezu parteiübergreifend eine Gesetzesverschärfung zur schnellen Ausweisung von straffälligen Ausländern gefordert. Seltsamerweise wird – auch parteiübergreifend – nicht ansatzweise dazu eine sachliche Diskussion mit der Darstellung von Tatsachen geführt. Maßgebliches Problem ist dabei, dass in der Umgangssprache, von führenden Politikern und selbst seriösen Medien die Begriffe der Ausweisung und der Abschiebung meistens synonym verwendet werden. Dabei haben sie eine ganz unterschiedliche Bedeutung: Eine Ausweisung stellt einen behördlichen Verwaltungsakt, also schriftlichen Bescheid dar, mit dem der rechtmäßige Aufenthalt eines Ausländers beendet, ein ggf. vorhandener Aufenthaltstitel zum Erlöschen gebracht wird, was damit zur Ausreisepflicht des Ausländers führt. Voraussetzung für den Ausspruch ist ein Ordnungsverstoß seitens des Ausländers, praktisch vor allem eben eine Straftat. Sie muss dabei übrigens nicht rechtskräftig abgeurteilt sein; entgegen der Behauptungen mancher Politiker kann ohne weiteres seit jeher selbst ohne überhaupt ein eingeleitetes strafrechtliches Ermittlungsverfahren oder während eines laufenden Strafverfahrens eine Ausweisung ausgesprochen werden, wenn nur der Ordnungsverstoß, also die Straftat als solche feststeht. Ausländerbehörde greifen dazu in der Praxis seit jeher auf Ermittlungen der Polizei zurück, die dabei miteinander problemlos kooperieren.

Der Ausspruch der Ausweisung hat dabei einzelfallbezogen zu erfolgen. Abzuwägen ist dabei das Bleibeinteresse der Ausländers (im Aufenthaltsgesetz werden dazu z.B. die Länge seines Aufenthalts in Deutschland, sein Familienleben mit deutschen Kindern oder Ehegatten oder der Besitz eines unbefristeten Aufenthaltstitels erwähnt) zum sog. Ausweisungsinteresse, das abhängig von der Schwere der Straftat ist. Was schlichtweg, je nach politischer Coleur, häufig falsch dargestellt wird: Selbst bei einer einzigen Bagatellstraftat wie z.B. einem versuchten Ladendiebstahl geringsten Werts kann eine Ausweisung bereits gegen einen Ausländer, der sich erst einige Monate oder sogar Jahre bereits ohne besondere Verwurzelung in Deutschland aufhält, verfügt werden von einer Ausländerbehörde, was Gesetzeslage bereits seit zig Jahren ist.

Die Abschiebung – europarechtlich übrigens häufig auch als Rückführung bezeichnet – stellt dagegen keinen behördlicher Bescheid dar, sondern vielmehr die zwangsweise Durchsetzung der bestehenden Ausreisepflicht eines Ausländers. Sie ist also eine Vollstreckungsmaßnahme. Sie kann beruhen auf der Ausweisung, aber ebenso z.B. auch schlichtweg dem Ablauf der Gültigkeit eines Aufenthaltstitels, einer illegalen Einreise oder der Ablehnung eines Asylantrages.

Was in der Diskussion häufig falsch dargestellt wird: Der Ausspruch einer Ausweisung gegen straffällig gewordene Ausländer ist seit Jahren problemlos möglich und wird auch genauso durchaus konsequent praktiziert von Ausländerbehörden. Das Problem ist vielmehr die Abschiebung von ausreisepflichtigen Ausländern, und zwar ganz gleich, ob es sich um straffällig gewordene handelt oder nicht, oder ob eine Ausweisung ausgesprochen wurde oder nicht. Eine Abschiebung, also eben das zwangsweise Verbringen ins Heimatland, wenn keine freiwillige Ausreise innerhalb der gesetzten, maximal 30 Tage gewährten Ausreisefrist erfolgt, funktioniert in fast alle Länder weltweit nur, wenn gültige Ausweispapiere für den konkret abzuschiebenden Ausländer vorliegen. Relativ wenige Länder ausserhalb Europas (z.B. die Türkei) sind bereit, Papiere zur Rückführung ihrer Landsleute auszustellen, wenn sie nicht vorhanden sein, um dann auch wirklich ihre Landsleute zurück zu nehmen. Reisepasslose Ausländer aus nahezu allen Ländern Afrikas oder z.B. auch dem Libanon oder Vietnam sind nahezu unabschiebbar, weil diese Länder nahezu gar nicht kooperieren mit deutschen Ausländerbehörden zur Ausstellung von Passersatzpapieren. Das ist mithin kein Manko von deutschen Gesetzen, sondern dem (übrigens: völkerrechtswidrigen) Unwillen dieser Länder. Lediglich bei erheblich straffällig gewordenen Ausländern kooperieren diese Länder etwas mehr, aber meistens unberechenbar für deutsche Ausländerbehörden, gelegentlich auch auf politischen Druck höchster deutscher Stellen.

Die eventuelle weitere „Verschärfung“ des Ausweisungsrechts wird also rein gar nichts an der Frage, ob Ausländer auch abgeschoben werden können, ändern. Das ist vielmehr eine politische Frage der Verhandlung zwischen der deutschen Regierung mit den jeweiligen Ländern, die ihre Landsleute an sich zurücknehmen müssten.